Beratungsgrundsätze

Beratungsgrundsätze einer professionellen Beratung
Diese Beratungsgrundsätze wurden von Dipl. Päd. Ulrich Severin,Ginseldorfer Weg 14a, 35039 Marburg,aufgestellt und vom Vorstand des Väteraufbruch für Kinder, Kreisverein Frankfurt am Main e.V., als verbindlich für die Beratung des Vereins beschlossen..

Das Informations- und Beratungsangebot des Väteraufbruchs für Kinder, Kreisverein Frankfurt/am Main e. V. ist:

  • laut Gebührensatzung für die erste Beratungsstunde kostenfrei. Nichtmitglieder zahlen ab der 2. Beratungsstunde 30,-€, Mitglieder hingegen erst ab der 3. Sitzung. Für nicht rechtzeitig abgesagte Termine wird eine Ausfallgebühr von 40,-€ erhoben.

    • niedrigschwellig (auch über Briefkontakt und Telefon möglich)


    • offen für Väter, Mütter und Kinder


    • setzt keine Vereinsmitgliedschaft voraus bzw. ist nicht mit einem Eintritt in den Verein verbunden


    • berücksichtigt in erster Linie das Jugendhilferecht (SGB VIII/KJHG) und die Kindschaftsrechtreform (KindR)

Unser Verhältnis zum Rat- und Hilfesuchenden
Wir nehmen alle Ratsuchenden mit ihrem Anliegen ernst und gehen davon aus, dass– soweit es sich um Eltern handelt – diese eine verantwortungsbewusste, liebevoll zugewandte, aktive Vater-Kind-Beziehung leben wollen.
Wir nehmen den/die Ratsuchende(n) in seiner /ihrer persönlichen Betroffenheit an. Wir wissen um die Nöte und Leiden der von Trennung und Scheidung Betroffenen. Wir gehen davon aus, daß sie sich in einer krisenhaften Lebensphase befinden und mitfühlende Unterstützung brauchen.
Wir nehmen die Rat- und Hilfesuchenden als eigenverantwortliche Menschen wahr, die über eigenen Ressourcen zur Überwindung ihrer (Not)Lage verfügen und in eigener Verantwortung über den Weg entscheiden den sie zukünftig gehen wollen.
Wir bieten den Rat- und Hilfesuchenden geduldiges, verständnisvolles Zuhören und den Austausch mit ebenfalls Betroffenen an.
Wir bieten qualifizierte Informationen und Beratung in allen Fragen der Vater-Kind-Beziehung an.


Unsere Sicht auf Trennung und Scheidung
Wir gehen davon aus, daß Trennung und Scheidung eine schwerwiegende Lebenskrise für alle Beteiligten auslösen kann und dass die Betroffenen in unterschiedlicher Weise der Hilfe von Dritten bedürfen.
Vor allem Männer erfahren in dieser Lebenslage wenig Unterstützung. Sie befinden sich häufig in einer isolierten Situation und können sich ihre persönliche Überforderung nicht eingestehen. Sie projizieren häufig die Ursachen, Auslöser und die Schuldfrage nach Außen (auf Frau, Schwiegereltern). Sie erleben sich häufig als Opfer und besonders hilflos sowie als gesellschaftlich und rechtlich benachteiligt. Sie erleben oft, daß sie durch eine Scheidung alles verlieren: "ihre Familie", die Partnerin, die Kinder, ihre wirtschaftliche Stabilität und ihre Zukunft.
Wir gehen davon aus, dass Trennung und Scheidung (besonders wenn auch die Beziehungen zu(m) eigenen Kind/Kindern betroffen sind) langwierige Prozesse mit vielen unterschiedlichen Phasen darstellen. Sie können eng verbunden sein mit Gefühlen wie Verunsicherung, Selbstzweifel, Enttäuschung, Orientierungslosigkeit, Isolation, Trauer und Ohnmacht. Äußerlich reagieren Männer auf diese Gefühle häufig aktionistisch und aggressiv, teilweise mit Wut und Gewalt oder auch depressiv (bis hin zum Verlust der Arbeit oder zum Suizid). Betroffene Väter brauchen hier vor allem Verständnis und begleitende Unterstützung in einem sie akzeptierenden, annehmenden Raum.

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Kinder brauchen beide Eltern – auch nach Trennung und Scheidung
Wir gehen davon aus, dass jedes Kind am besten im Kontakt zu beiden Eltern aufwächst: Vater und Mutter sind unterschiedliche Persönlichkeiten, die ihr Kind auf ihre jeweils spezielle Weise fördern können.
Ein Kind entwickelt sich am besten, wenn Vater und Mutter ihre Elternschaft kooperativ leben können, wenn zwischen ihnen unterschiedliche – aber auch gemeinsame Standpunkte – kommuniziert werden können, wenn sie die für das Kind wesentlichen Entscheidungen gemeinsam tragen können.
Wir wissen, dass nicht alle Eltern zu kooperativer Elternschaft in der Lage sind. Für Kinder dieser Eltern ist es trotzdem wichtig, zum Vater und zur Mutter eine jeweils eigenständige Beziehung leben zu können. Zu dieser parallelen Elternschaft gehört der gegenseitige Respekt von Vater und Mutter sowie der Respekt vor der eigenständigen Beziehung des Kindes zum jeweils anderen Elternteil.


Paar- und Elternebene unterscheiden lernen

Ratsuchende Väter (wie Mütter) müssen lernen, die Paarebene (Auseinandersetzung als Mann/Frau mit der/dem Partner(in) von der Elternebene zu trennen. Wir wissen, daß dies ein schwieriger und aufwendiger Lernprozess ist, der nicht immer vollends gelingt (siehe auch Grenzen der Beratung).
Häufig ist das Paar – selbst nach dem Scheidungsurteil – noch nicht getrennt! Persönliche Enttäuschung, Benachteiligung, offene Ansprüche und Erwartungen führen zu ständigen Konflikten und behindern die Entwicklung von "Nachscheidungsbeziehungen", die notwendig sind, um Elternschaft leben zu können.
In der Beratung ist deshalb ständig zu hinterfragen und zu klären, was auf die Paar- und was auf die Elternebene gehört. Dabei gilt für die Paarebene, daß es sich um Trennung handelt, die vollzogen werden muss, während für die Elternebene "das Gemeinsame" gilt, da Eltern immer Eltern bleiben. Die Annahme und Bewältigung dieser paradoxen Lebenssituation und der damit verbundenen Aufgabenstellung(en) erfordert ein hohes Maß an Verständnis, Kreativität und Selbsterfahrung.
Sich im Trennungprozess im Interesse und zum Wohl des Kindes/der Kinder zu einigen stellt höchste Ansprüche an beide Eltern und ist mit erheblichem Streß und Konflikten verbunden.

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Die Perspektive "meines" Kindes von "meiner" unterscheiden zu lernen und anzuerkennen
Kinder werden nach Trennung und Scheidung in vielfältiger Weise für die Bedürfnisse und Interessen ihrer Eltern instrumentalisiert und sie geraten während akuter Konflikte der Eltern auf der Paarebene völlig aus dem Blickfeld.
Wir sensibilisieren Väter für die Wahrnehmung der verschiedenen Perspektive und der unterschiedlichen Interessen des Kindes.
Letztendlich geht es darum, ob der Vater in der Lage ist, zugunsten des Kindes eigene Bedürfnisse, Wünsche und Forderungen zurückzustellen, ohne damit eine grundsätzlich positive Beziehung zu seinen Kind aufzugeben (z.B. wenn das Kind am Wochenende lieber mit Freunden feiern als zum Vater gehen will).
Zu den Interessen des Kindes gehört – in der Regel – auch der regelmäßige Kontakt und Umgang mit dem außerfamiliär lebenden Vater. Dabei sind für das Kind Anteilnahme und emotionale Zuwendung wichtiger als materielle Zuwendungen und kostspielige Attraktionen. (Siehe auch: Vorschläge für den Umgang von Eltern und Kindern nach der Trennung (Trialog Münster). In: H. Krabbe (Hg.): Scheidung ohne Richter. Reinbek 1995)
Zu den Interessen des Kindes gehört auch seine wirtschaftliche Sicherung und somit sein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater. Dies auch dann, wenn er stellvertretend von der Mutter oder vom Jugendamt bzw. Gericht eingefordert wird. (Siehe auch Paar- und Elternebene unterscheiden lernen) 



Konsequente Interessenvertretung, Deeskalierung der Konflikte und Mediation
Väter sollen und dürfen die Beziehung zu Ihrem Kind nicht aufgeben. Sie sollten notfalls – mit aller Unterstützung des Väteraufbruch für Kinder– um diese Beziehung streiten und sich aktiv für ihren Erhalt auch nach der Trennung und Scheidung einsetzen. Zunächst ist seitens des Vaters eine klare Position zu seiner Vaterschaft und seiner Beziehung zum Kind notwendig. Väter, die diese Position nicht haben (Zweifel an der Vaterschaft, an den eigenen Fähigkeiten, Zweifel an ihrer Beziehung zum Kind) erhalten Rat und Hilfe bei der Klärung ihrer Beziehung.
Gelebte Vaterschaft hat sehr viele Gesichter: Sie reicht vom alleinerziehenden Vater mit alleinigem Sorgerecht bis zum außerfamiliär lebenden Vater, der zu seinem – vielleicht in einem anderen Kontinent lebenden – Kind regelmäßigen Telefon- und Briefkontakt unterhält und es – falls er dazu in der Lage ist – mit Unterhaltszahlungen unterstützt und fördert.
Gelebte Vaterschaft ist ein verbindliches Angebot an das Kind. Das Kind weiß, dass es – falls es dies wünscht – auf die Liebe und Versorgung, Hilfe und Unterstützung, Beratung und Förderung seines Vaters zurückgreifen kann. Es erfährt, dass er sich um es sorgt und bemüht.
Gelebte Vaterschaft erfordert dort aktive Interessenvertretung, wo der Vater bei der Sorge um sein Kind behindert oder gar ausgeschlossen wird. In diesen Konfliktfällen versucht der Väteraufbruch, zunächst durch Deeskalierung den Konflikt zu begrenzen und mit konstruktiven Lösungsangeboten (z.B. klare Angebote, klare Absprachen und Vereinbarungen, ggf. begleiteter Umgang) allen Betroffenen weiterzuhelfen. Deeskalierung heißt dabei auch immer, die jeweils anderen Interessen, Bedürfnisse und Ängste der am Konflikt Beteiligten (auch die der Mutter) wahrzunehmen, zu verstehen und zu respektieren.
Wenn irgend möglich sollten im Rahmen von Mediationsverfahren einvernehmliche Lösungen zwischen den Konfliktpartnern erzielt werden, damit die betroffenen Kinder möglichst schnell aus ihren Loyalitätskonflikten (die eigentlich Konflikte ihrer Eltern auf der Paarebene sind) herauskommen.
Väter haben Anspruch auf eine faire Betrachtung ihrer wirtschaftlichen Lage. Sie haben Anspruch auf wirtschaftliche Beratung zur Sicherstellung ihres eigenen Lebensunterhaltes bzw. den ihrer eventl. neu gegründeten Familie sowie auf Möglichkeiten, den Unterhalt für ihr(e) Kind(er) zu erwirtschaften. (Siehe auch Perspektive/Interessen des Kindes) 



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Die Grenzen unserer Beratung
Sowohl die personellen und zeitlichen Ressourcen wie auch die fachliche Qualifikation der Berater begrenzen das Beratungs- und Hilfsangebot der Beratungsstelle.
Die Beratungsstelle ist derzeit nicht in der Lage:

 

  • kontinuierliche Beratung und Hilfe über einen längeren Zeitraum für einzelne Väter anzubieten

  • häufig notwendige therapeutische Hilfe anzubieten

  • Väter rechtlich zu vertreten

  • umfangreiche Verhandlungen mit anderen Konfliktpartnern(Innen) zu führen

  • Mediation anzubieten

  • Betreuten bzw. begleiteten Umgang anzubieten

Wir müssen und werden deshalb häufig – nach anfänglicher Krisenintervention – die Rat- und Hilfesuchenden an andere Fachberatungsstellen weiter verweisen (u.a. Jugendamt, Kinderschutzbund, Mediatoren (BAFM), Rechtsanwält(e/Innen), Gutachter(Innen), etc.).
Die Beratungsstelle klärt die Rat- und Hilfesuchenden über das in Frankfurt und Umgebung vorhandene Beratungs- und Hilfeangebot auf und vermittelt in diese Einrichtungen weiter.Das Beratungs- und Hilfeangebot des Väteraufbruch für Kinder bleibt parallel dazu bestehen.


Kooperation mit anderen Stellen
Die Beratungsstelle des Väteraufbruch sieht sich im Verbund mit anderen Fachberatungsstellen und verweist an diese weiter. Sie kooperiert mit diesen Stellen, vor allem durch gegenseitigen Austausch und gemeinsame fachliche Weiterbildung.


Beratung und Väterbildung
Väterbildung ist Elternbildung: Väter haben als Eltern spezifische Probleme, die durch ihre gesellschaftlichen Rollen in und außerhalb der Familie sowie durch ihre Sozialisation beeinflusst werden. Hinzu kommt, dass Väter erst in jüngster Zeit damit begonnen haben, neue Modelle der Vaterschaft in und außerhalb eines familiären Zusammenlebens zu entwickeln.
Es ist deshalb von besonderer Bedeutung, dass der Väteraufbruch für Kinder e.V. neben dem Beratungsangebot umfangreiche Elternbildung anbietet, um u. a. Fragen der außerfamiliären Elternschaft, der Vater-Kind-Beziehung, der Versorgung und Betreuung des Kindes, des Trennungserlebens von Kindern, die Gestaltung von Wochenend-Elternschaft, Stiefelternschaft und der Unterstützung durch "Dritte" (u.a. Jugendamt, Erziehungsberatung) zu bearbeiten.

Beratung und Väterpolitik
Wir gehen davon aus, dass wir erst am Anfang einer Emanzipationsbewegung der Väter sind und dass es eines langen Prozesses bedarf, bis Väter - so "selbstverständlich" wie Mütter – Kinder versorgen und betreuen und als gleichwertige, gleichberechtigte Eltern angesehen werden.
Zu unserer Väterpolitik gehört neben dem Engagement für die Gleichberechtigung der Väter als Eltern allerdings auch das Bemühen um diejenigen Väter, die ihre Vaterschaft nicht leben können und nicht leben wollen ("flüchtende Väter").
Letztendlich geht es in der Väterpolitik darum, jedem Kind eine entwicklungsfördernde Beziehung zu seinem Vater zu ermöglichen.

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